Der Maßregelvollzug ("Maßregeln zur Besserung und Sicherung") bei Jugendlichen und jungen Heranwachsenden (14-21 Jahre) steht im Spannungsfeld von medizin, speziell in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Justiz, das heißt in der Spannung von Hilfe und Strafe.
Primär gibt es den Auftrag des Freiheitsentzugs für junge, sich noch in einer rasanten Entwicklung befindende Menschen in gesicherten Kliniken bzw. Abteilungen.
Das Maßregelvollzugsgesetz unterscheidet nicht zwischen Jugendlichen und Erwachsenen und aus Sicht des Jugendgerichtgesetzes hat aufgrund einer festgestellten Schwere der Schuld der Strafaspekt in diesen Entscheidungen Vorrang vor dem Entwicklungsaspekt.
Obwohl der Freiheitsentzug von Straf (bzw. Jugend-) gerichten angeordnet wird, erfolgt die Unterbringung nach den §§ 63 oder 64 StGB bei anerkannter, psychiatrisch begründeter erheblicher Einschränkung der Schuldfähigkeit bzw. Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 und 21 StGB oder bei Nachweis der Gefährlichkeit aufgrund eines Hanges, Rauschmittel zu konsumieren, als so genannte Maßregel der Besserung und Sicherung und hat demzufolge einen vordergründig therapeutischen Aspekt.
Somit sind die Behandler, darunter die Ärzte, speziell der Deklaration von Madrid (1996) und die Psychologen und anderen Therapeuten sowie das Pflegepersonal ihren
medizinisch-therapeutischen berufsständischen und ethischen Grundsätzen verpflichtet. In der Deklaration von Madrid haben sich die Psychiater verpflichtet, „die beste verfügbare Therapie in
Übereinstimmung mit anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen und ethischen Prinzipien anzubieten. Psychiater sollen therapeutische Maßnahmen so gestalten, dass sie die Freiheit so wenig wie
möglich beeinträchtigen".
Daraus lässt sich zweifelsfrei schlussfolgern, dass einerseits eine klare Indikation zur Therapie bestehen muss und andererseits die Therapie, die ja unter freiheitsentziehenden Bedingungen erfolgt,
nur so lange wie nötig, effizient und mit der Aussicht auf Erfolg stattfinden sollte.
Therapie und deren Erfolge müssen im Realfeld erprobt werden. Das bedeutet Lockerung, Öffnung und Gewöhnung an Normalverhältnisse. Um dem zweiten, sekundären Aspekt der Sicherung Rechnung zu tragen,
bedarf es nicht nur medizinisch-therapeutischer ethischer Standards, sondern auch eines hohen Verantwortungsbewusstseins und wissenschaftli-cher, evidenzbasierter Behandlungs- und
Prognosebeurteilungsstandards, um das immer verbleibende Restrisiko so niedrig wie möglich zu halten.